Rostocker Zoo - ein Besuch im September 2022

Zugegebenermaßen besucht man, in diesem Fall ich, einen Zoo, Tierpark oder ähnliches meistens nur dann, wenn Kinder einen begleiten, wenn die Kinder es verlangen. Dann aber beansprucht das Hüten der Flöhe einen großen Teil der Aufmerksamkeit und der Energie. 

Dass es sich lohnen kann, den Zoo auch einmal ohne Kinder zu besuchen, habe ich jetzt gerade wieder bestätigt bekommen. Das gilt besonders dann, wenn man mit den Zootieren auch etwas anzufangen weiß. Sie zu fotografieren ist nicht die schlechteste Variante etwas mit ihnen anzufangen.

Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) - aus dem ehemaligen Elefantenhaus des Zoos.

Aber man kann den Tieren auch rein ästhetisch durchaus etwas abgewinnen - bei Schneeeulen, Eisbären oder den Flamingos ist das ganz offensichtlich, sie treffen offenbar den Massengeschmack. Aber auch Mäuse, wie der Kurzohrrüsselspringer oder der Lemur sind ästhetisch durchaus ansprechend, wenn man sie auf die richtige Weise, aus einer richtigen Perspektive, betrachtet.

Von den Kattas (Lemur catta aus Madagaskar) bin ich jedes Mal begeistert, wenn ich sie sehe, Ich denke, dass das mit ihren großen braunen Augen zusammenhängt, mit denen sie den Betrachter betrachten und sich ihr Teil über diesen Typen denken. Wer weiß schon, was so ein Lemur denkt... ;-)

Regelrecht hingerissen war und bin ich von der Orang-Utan Mutter. Auf den Fotos - ich konnte gar nicht aufhören zu fotografieren - sieht man wie diese Mutter ihr Kind liebkost.

Akeno (geb. am 15.06.2022), Sohn von Hsiao-Ning (geb. am 31.08.2003 imApe Rescue Center Monkey World in Dorset/GB) und und Sabas. 

Und damit bin ich bei den zweiten von drei Aspekten - Bilder, fotografisch gespeichert oder einfach nur angeschaut und dann erinnert, können ästhetisch gefallen, sie können aber auch zu Erkenntnissen führen, man kann etwas durch sie lernen.


Das ist der epistemische Aspekt, der natürlich bei jedem anders ausgeprägt ist, wie auch der ästhetische:  Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall.


Wenn man nicht einmal bei diesen Bildern ins Nachdenken darüber kommt, was so ein Tier wohl denken mag, was es von uns denkt und was uns eigentlich so besonders macht. Oder besser: Wie wir darauf kommen, dass wir so etwas Besonderes sind, dann sind Hopfen und Malz wohl .... 
Sie wissen schon.


Der dritte Aspekt ist der Aspekt der Ethik - ich möchte daran erinnern, dass der große Philosoph Immanuel Kant DREI Kritiken geschrieben hat: Die Kritik der reinen Vernunft (Epistemologie), die Kritik der praktischen Vernunft (Ethik) und Kritik der Urteilskraft (Ästhetik).


Es gibt natürlich einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Aspekten. Am deutlichsten wird der Zusammenhang zwischen dem Wissen - den Erkenntnissen - und der Ethik: Will ich ethisch gut handeln, muss ich ja zunächst wissen, welche Handlungen gut und welche Handlungen nicht gut sind. Im Mittelalter hat man lange Zeit die Folter für etwas Gutes gehalten, somit war die Folter ethisch erlaubt und ggf. sogar geboten!

ein Kubaflamingo (Phoenicopterus ruber)

Verändert sich unser Wissen, dann sollte sich auch unsere Moral, das Ergebnis ethischer Überlegungen, ändern. Weiß ich beispielsweise nicht nur, dass ausgewachsene Flamingos ca. 120 Zentimeter groß sind, sie in der Regel 1 Ei ausbrüten, der Schnabel des Kükens zunächst gerade ist und ihre Färbung durch den Farbstoff Carotin zustande kommt, sondern auch, dass Flamingos Lebewesen sind, die fähig zu  Empfindungen sind, die eine Funktion in Ökosystemen erfüllen, die ein Interesse am Leben haben, dann folgt daraus etwas für unsere Handlungen, jedenfalls wenn sie ethisch wertvoll sein sollen.  



Das bedeutet dann wiederum, dass der ästhetische Genuss am Gefieder eines Vogels, am Fell eines Tieres, an seinem Anblick nicht dazu führen sollte die Interessen des Tieres zu ignorieren.
Das gilt umso mehr, wo wir doch im größten Artensterben der Geschichte leben, das nicht zuletzt uns selbst bedroht. Und für das wir zu einem großen Teil verantwortlich sind.

Eisbärenzwillinge Skadi und Kaja geb. am 14.11.2021, Kinder von Sizzel und Akiak  

Wenn man gerade gerade in solchen Gedanken versunken, aber hoffentlich nicht darin ertrunken ist, ist es doch ein interessanter Gedanke, darüber nachzudenken, was Tiere eigentlich für ästhetische Kriterien besitzen: Was findet ein Eisbär schön?


Wenn ein Eisbär einen Teddy hätte, sähe der aus wie ein Mensch? Für was halten die Eisbären diese Bake? Macht ihnen das planschen Spaß? Was ist Spaß für Eisbären?


Ist man einmal an diesem Punkt der Überlegungen angekommen, dann ist man mitten in modernen individualistischen Diskussionen: Was ist Schönheit bei Menschen? Ist sie für jeden dasselbe? Und woran liegt es dann, dass einige Menschen offenbar andere Ansichten darüber haben? Oder ist sie für jeden etwas anderes?



Finden Pinguine ihren eigenen Gang auch watschelig? Oder sind dass ganz merkwürdige menschliche Kategorien, für für andere Spezies eher putzig wären?

Humboldt-Pinguine (Spheniscus humboldti)



Diese Gedanken sind weitreichender als man denken könnte - wie kommen wir dazu Tiere so zu behandeln, wie wir es tun? Nun gut, es gibt niedliche Streicheltiere - Katzenbabys, Welpen und Fohlen.  

Schwarzrückentamarin (Leontocebus nigricollis)


Warum heißen weibliche Tiere "Weibchen", weibliche Menschen dagegen "Mädchen" oder "Frauen"? Warum werden Tiermütter "trächtig", Menschenfrauen aber "schwanger"? Gibt es da tatsächlich einen so wesentlichen Unterschied, dass die unterschiedliche Bezeichnung gerechtfertigt ist?

Schneeeule (Bubo scandiacus) - ein Weibchen

Fragen über Fragen. Was denkt die Eule wenn sie ihre Beute erspäht?

Der Aufenthalt im Zoo lässt sich aber auch ganz fragenlos und damit ästhetisch-schauend, also "theoretisch" genießen. Dort lässt sich herrlich Zeit verbringen, entspannen und Energie auftanken - ohne sie jemandem zu nehmen! 
 
Ich hoffe meine Fotos (alle Urheberrechte liegen bei mir) geben einen ungefähren Eindruck davon, wie lohnend ein Zoobesuch ist. Wie interessant und schön unsere Mitlebewesen auf der Erde sind, wie sehr es sich lohnt sie auch zu erhalten.

Eine Karte kostet kostet zur Zeit (14.09.2022) 18 € (17,5+0,5 Artenschutzbeitrag). Ich selbst besitze seit letzter Woche eine Jahreskarte (64 € incl. 1 € ASB) und will gleich wieder hin! ;-)

Dr. Reiske (dobrero)


Informationen:
Zoo Rostock: https://www.zoo-rostock.de/
Zum Artensterben: https://bit.ly/3BA4Rkz

Kommentare